Bisweilen konnte man eine Stecknadel fallen hören, wenn der ehemalige hessische Ministerpräsident Volker Bouffier die großen Linien der Politik nachzeichnete. Dabei eröffnete er den anwesenden Mitgliedern des DUV tiefe Einblicke in das politische Geschehen von Brüssel über Berlin bis nach Wiesbaden.
Anfang Februar lud der DUV-Vorsitzende Dr. Helge Lach die Mitglieder nach Dagobertshausen nahe Marburg zum Gespräch mit Volker Bouffier ein. Als ehemaliger hessischer Ministerpräsident kann er wie kaum ein Zweiter auch die aktuellen Entwicklungen in der CDU analysieren und nachzeichnen.
Im Dialog sprachen Lach und Bouffier zunächst über die großen politischen Herausforderungen. Bouffier betonte, wie wichtig die Partnerschaft mit den USA auch in Zukunft für Deutschland und Europa sei. Der Angriffskrieg Russland und die Politik Chinas seien ein Weckruf für Europa. Er äußerte die Sorge, dass unser Land noch nicht verstanden habe, dass die Zeitenwende grundlegende Veränderungen mit sich bringen werde und weit über die Bereitstellung von mehr Geld für die äußere Sicherheit hinaus gingen.
Auch über die Frage, auf welche Aufgaben sich Europa und seine Institutionen in Zukunft konzentrieren sollten, wurde gesprochen. Bouffier warb in dem Kontext dafür, Regulierungen auf die erkennbaren Probleme zu fokussieren und nicht um der Regulierung willen neue Gesetzesvorhaben und Vorschriften auf den Weg zu bringen. Immer wieder würden Unternehmen und Wirtschaftsverbände ihm berichten, dass die ständig wechselnden Verordnungen und Regeln eine positive Entwicklung hemmen würden. Die Botschaft sei oft: „Lasst uns machen. Wir wissen, was wir tun.“ Nicht nur dafür erntete Bouffier viel Applaus.
Mit Blick auf die deutsche Politik äußerte der erfahrene Politiker Zweifel, ob die aktuelle Entwicklung, das Leben der Menschen immer mehr zu regulieren, ständig neue Formen staatlicher Fürsorge zu etablieren, der richtige Weg sei. Der Staat müsse sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren. Dabei sei die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger in Zeiten wie diesen besonders gefragt.
In der fast zweistündigen Diskussion wählte Bouffier dann auch den Beruf des Vermögensberaters als Beispiel, um zu veranschaulichen, dass der Staat sich zurückhalten sollte, wenn es darum gehe, in funktionierende Systeme einzugreifen. Millionen Kunden würden ihrem Berater vertrauen. In der öffentlichen Debatte würden aber die Vermögensberater sowie ihre Interessensvertreter zu selten zu Wort kommen. Hingegen hätten NGOs, deren Legitimation oft intransparent sei, eine Aufmerksamkeit, die in keinem Verhältnis stehe. Bouffier plädierte dafür, mehr auf die „Experten des Alltags“ zu hören.
Alle Anwesenden waren sich einig: Eine Wiederholung des ersten Marburger Gesprächs im nächsten Jahr sollte auf die Tagesordnung des Verbands. Die Diskussionen und Gespräche fanden im Anschluss bei gutem Essen und einem Glas Wein ihre Fortsetzung.